Andere Menschen glücklich machen – in Bullerbü und in der Grundschule

Besuch in einer Religionsstunde von Julia Becker  

"Hattet ihr Spaß in der Pause?” Lehrerin Julia Becker strahlt ihre Drittklässler an, die mit roten Gesichtern, Skihosen und Pantoffeln um sie herum auf Holzbänken sitzen. 16 Diemeltalschulkinder strahlen zurück. Ein Ritual beginnt, indem ein Mädchen die Kerze in der Mitte anzündet und sich die Schüler mit den Händen auf der Schulter des Nachbarn eine schöne Reli-Stunde wünschen. Alle werden still, es wird nur noch geflüstert. Denn: „Atmosphäre ist ganz wichtig”, hat die Lehrerin dem Besucher schon vor Unterrichtsbeginn erklärt. Dann kommt Bewegung in die Gruppe: „Ich bin glücklich, weil es so viel geschneit hat”, sagt Klara und stellt einen kleinen Schornsteinfeger als Glücksbringer-Symbol neben die Kerze. „Ich wäre noch glücklicher, wenn Pascal da wäre”, sagt ein kleiner Junge mit Brille – und auch Frau Becker bedauert, dass heute vier Schüler krank sind und deshalb fehlen.

In Willingen-Usseln ist die Welt noch überschaubar: Insgesamt 81 Schülerinnen und Schüler gehen in die vier Grundschulklassen der „Zwergenschule”, die ihr pädagogisches Konzept im Internet als bewegungsorientiert, naturverbunden und lesefreundlich” beschreibt. Da passt es gut, dass Frau Becker zum Buch greift und eine Geschichte aus Bullerbü vorliest – die schwedische Dorfidylle Astrid Lindgrens dürfte den Usseler Kindern nicht fremd vorkommen.

Das Thema der Reli-Stunde ist schnell erfasst. Wie geht das: andere Menschen glücklich machen? Die Bullerbü-Kinder probieren erfolglos einige Aktionen aus und sind frustriert: Keiner freut sich so richtig über ihre Ideen und Anstrengungen. Schließlich klappt es doch, und sie beglücken eine schwer erkrankte Klassenkameradin, die das Bett hüten muss, mit Geschenken aus dem eigenen Besitz: Eine Puppe und ein Märchenbuch kommen bei der kleinen Märta bestens an.

„Habt ihr schon mal was von euch verschenkt?”, fragt Frau Becker in die Runde. Die Schüler überlegen, melden sich und zählen einige Dinge auf. Spielzeug bei der Sammelaktion für das Waisenhaus in Rumänien zum Beispiel oder das Frühstück, das Pascal beim letzten Skitag an Finja gespendet hat. Oder die Nüsse, die Mika immer von seiner Freundin kriegt, weil er die so gerne mag.

Gelbe Arbeitsblätter werden verteilt, und an den Schulpulten wird nun eifrig gemalt und geschrieben: Wann, wie und womit habe ich andere Menschen glücklich gemacht? Auf den Zetteln, die im Anschluss an der Wandtafel präsentiert werden, ist hier ein kleiner Teddybär mit Pflaster zu erkennen, dort ein rotbrauner Trecker, ein Geschenkkarton – und natürlich viel Text in Schönschrift.

„Was sagt denn die Bibel zu unserem Thema?”, fragt Frau Becker am Schluss und steuert als Antwort selbst einen gelben Zettel bei, den sie oben an der Tafel befestigt: „Geben ist seliger als nehmen”, liest einer vor. „Das steht in der Apostelgeschichte. Und was heißt das: seliger?” „Netter oder besser”, übersetzt Klara und erzählt gleich noch eine Geschichte dazu: „Wenn Mama ein Lächeln im Gesicht hat, wenn ich ihr etwas schenke, dann weiß ich, dass sie glücklich ist.” – Ende der Reli-Stunde und raus in den Upländer Schnee.

 

Lothar Simmank

 

Erstveröffentlichung: „blick in die kirche“ 2/2017, S. 5