Die Wegbegleiterin und der Sinn des Lebens

Dr. Birgit Vollmar unterrichtet Evangelische Religion an der Adolf-Reichwein-Schule in Marburg

Religiöses Vorwissen bei den Schülern? Dr. Birgit Vollmar schüttelt den Kopf: „Nichts.“ Wenn sie in einer Berufsschulklasse vom verlorenen Sohn spreche, hätten vielleicht vier von 20 Schülern schon mal davon gehört. Die 35-Jährige ist seit gut drei Jahren Lehrerin an der Adolf-Reichwein-Schule in Marburg, an der es sechs Bildungsgänge gibt – von der Berufsschule bis zum beruflichen Gymnasium. Die Anforderungen und Bedürfnisse in den Zweigen seien sehr unterschiedlich, sagt Vollmar, und gerade das findet sie reizvoll.

Nach ihrem Studium und der Doktorarbeit in Marburg – was drei Jahre ausschließlich akademisches Arbeiten bedeutete – war Birgit Vollmar klar, dass sie mit Kindern und Jugendlichen arbeiten wollte. Es bereite ihr Freude, die jungen Leute ein Stück auf ihrem Weg zu begleiten. Im Referendariat an der Alten Landesschule in Korbach unterrichtete sie Schüler der Klassen 6 bis 10 in Religion, Ethik und Geschichte. Nun, in Marburg, sind die Schüler älter, in der Regel zwischen 16 und 21. Die Pubertät, sagt die Lehrerin, hätten sie also meist hinter sich, dadurch seien die Gespräche und Diskussionen oft reflektierter als bei Jüngeren. So lerne sie selbst immer noch dazu, sagt Vollmar.

Oft sei wichtig, die Themen den angestrebten Berufen anzupassen, dann weckten sie auch Interesse. Wenn Biologisch-Technische Assistenten später einmal in einem Genlabor arbeiten könnten, interessierten sie sich für Fragen der Bio-Ethik. Und in Maurerklassen gelinge der Bezug zur Kirche oft über die Kirchenarchitektur. In der Berufsschule sei der Unterricht überkonfessionell und eher religionsvergleichend angelegt, da gehe es auch um Glück und die Frage nach dem Sinn des Lebens. Wenn die Schüler in ihrem Alltag auf Religion stießen, dann oft in einem negativen Zusammenhang, etwa bei Islamismus. Dann sei es Aufgabe des Unterrichts, etwas gegen Klischees und Vorurteile anzubieten.

Im Beruflichen Gymnasium dagegen gehe es viel theoretischer zu, zum Beispiel bei der Frage, wie sich die Kirche in Zukunft entwickeln wird. In fünf Bildungsgängen der Schule hat Dr. Birgit Vollmar schon unterrichtet, und es ist genau diese Vielfalt, die sie an ihrem Beruf liebt.

Olaf Dellit

 

Erstveröffentlichung: „blick in die kirche“ 2/2017, S. 11