Konfessioneller Religionsunterricht in gemeinsamer Verantwortung
Einführung
In den vergangenen Jahren haben sich die evangelische und die katholische Kirche in verschiedenen Empfehlungen und Denkschriften mit einer religionspädagogisch fundierten und pluralitätssensiblen Weiterentwicklung des Religionsunterrichts beschäftigt. Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Veränderungen und neuer bildungspolitischer Herausforderungen gilt es, den konfessionellen Religionsunterricht als bleibend wichtiges Bildungsangebot in den verschiedenen Schulformen zu stärken. Hierzu zählt für die evangelischen Landeskirchen wie auch die katholischen Bistümer eine verstärkte Kooperation der beiden Konfessionen mit Blick auf den jeweils vorhandenen gesellschaftlichen und schulischen Kontext, in dem der Religionsunterricht stattfindet. Für das Land Hessen, das schon auf eine lange Erfahrung des konfessionellen Religionsunterrichts in gemischtkonfessionellen Lerngruppen zurückschaut, bedeutet dies zukünftig, ein ausdifferenzierteres Angebot für den konfessionellen Religionsunterricht einzurichten.
Die folgenden Informationen dienen der Orientierung und ordnen auf der Grundlage der gesetzlichen Regelungen (GG Art 7,3; Hessisches Schulgesetz) und des Erlasses zum Religionsunterricht (ABl. HKM 2014, S. 685) die Gestaltungsformen des konfessionellen Religionsunterrichts ein.
1. Religionsunterricht in konfessionellen Lerngruppen
Die Einrichtung des evangelischen und katholischen Religionsunterrichts erfolgt in der Regel in konfessionell homogenen Gruppen. Dies gilt überall dort, wo eine Mindestzahl von acht Schülerinnen und Schülern einer Konfession zu einer pädagogisch und schulorganisatorisch sinnvollen Lerngruppe zusammengeführt werden kann und eine entsprechende Lehrkraft mit Kirchlicher Bevollmächtigung (Vokatio oder Missio) zur Verfügung steht. An diesem Unterricht können zusätzlich auch konfessionslose Schülerinnen und Schüler teilnehmen. Gleiches gilt für Schülerinnen und Schüler anderer Religionen. Die Frage, ob eine evangelische oder katholische Lerngruppe eingerichtet wird, hängt jedoch ausschließlich von der Anzahl der konfessionell gebundenen Schülerinnen und Schüler ab.
Die Teilnahme am Religionsunterricht ihrer Konfession ist für die konfessionell gebundenen Schülerinnen und Schüler verpflichtend. Das Recht auf Abmeldung vom Religionsunterricht aus Gewissensgründen wird dadurch nicht tangiert und ist entsprechend geregelt (ABl. HKM 2014 S. 685).
2. Religionsunterricht in gemischt-konfessionellen Lerngruppen
Der Erlass zum Religionsunterricht in Hessen (ABl. HKM 2014, S. 685) regelt die Ausnahmesituationen, welche – allein aus schulorganisatorischen Gründen! – die Einrichtung des konfessionellen evangelischen und katholischen Religionsunterrichts in gemischt-konfessionellen Lerngruppen nötig machen. Die Einrichtung solcher Lerngruppen ist genehmigungspflichtig. Sie muss von der Schulleitung beim zuständigen Schulamt beantragt werden. In Abstimmung mit der verantwortlichen Landeskirche und dem verantwortlichen Bistum wird ein solcher Antrag dann genehmigt, wenn entweder zu wenige Schülerinnen und Schüler einer Konfession vorhanden sind oder Lehrkräfte einer der beiden Konfessionen nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen. Im Zusammenhang mit diesem verbindlichen Antragsverfahren bleiben pädagogische und didaktische Überlegungen unberücksichtigt.
Gleichwohl haben sich die evangelischen Kirchen und katholischen Bistümer darauf verständigt, diesen Unterricht, der stets evangelischer bzw. katholischer Religionsunterricht auf der Grundlage der entsprechenden Kerncurricula und Lehrpläne ist, inhaltlich zu profilieren. Dies soll zukünftig vor allem durch eine Ausweitung der Fort- und Weiterbildung für die betroffenen Lehrkräfte geschehen. Der Unterricht in gemischt-konfessionellen Lerngruppen soll als Ort religiöser, konfessioneller sowie interkonfessioneller Bildung gestärkt werden.
3. Religionsunterricht in konfessioneller Kooperation
Den Schulen, die sich aus schulorganisatorischen Gründen für den Weg der konfessionell gemischten Lerngruppen entschieden haben, wollen die evangelischen Landeskirchen und katholischen Bistümer in Hessen zukünftig die Möglichkeit einer noch weitergehenden konfessionellen Kooperation eröffnen.
Anders als beim Unterricht in gemischt-konfessionellen Lerngruppen, der ja stets in der Verantwortung einer der beiden Konfessionen verbleibt, soll es beim konfessionell-kooperativen Religionsunterricht um ein wirklich gemeinsam verantwortetes Modell der Kirchen und Bistümer gehen. Rechtlich handelt es sich um eine weitere Form des konfessionellen Religionsunterrichts nach Artikel 7, 3 GG. Seine Einführung bedarf ebenfalls der Zustimmung der zuständigen evangelischen Landeskirche und des katholischen Bistums. Er setzt gleichermaßen evangelische und katholische Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte beider Konfessionen im Lehrerkollegium voraus. Nach entsprechenden Fortbildungen sollen die Lehrkräfte auf der Basis der geltenden Kerncurricula und Lehrpläne ein gemeinsames schulinternes Curriculum entwickeln und auch bei der Unterrichtsgestaltung eng zusammenarbeiten (mindestens durch Lehrerwechsel, ggf. durch Teamteaching etc.). Ziel dieses Unterrichtsangebots ist es, die konfessionell heterogene Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler adäquat im Religionsunterricht abzubilden und sie entsprechend religionspädagogisch und didaktisch aufbereitet zu thematisieren. Dabei sollen gleichermaßen konfessionelle Orientierung und interkonfessionelle Kompetenz gefördert werden.
Um dieses Modell einer qualitativen Weiterentwicklung des Religionsunterrichts in gemischt-konfessionellen Lerngruppen in der schulischen Realität auch umsetzen zu können, bedarf es noch genauer Absprachen der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck mit den Verantwortlichen in der Schulabteilung des Bischöflichen Generalvikariats (BGV) in Fulda. Sobald diese getroffen worden sind, werden die Staatlichen Schulämter darüber informiert.
Um weitere Erfahrungen mit einer vertieften konfessionellen Kooperation zu sammeln, begleiten aber schon jetzt regionale Studienleiterinnen und Studienleiter des gemeinsamen Religionspädagogischen Instituts von EKKW und EKHN mit ihren Kolleginnen und Kollegen vom BGV einzelne Schulen, in denen der konfessionelle Religionsunterricht in gemischt-konfessionellen Lerngruppen erteilt wird. Die positiven Erfahrungen in vier Schulen aus dem in diesem Jahr abgeschlossenen Pilotprojekt ermutigen uns, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen.