Als evangelische Pfarrerin an einer katholischen Schule

Nun gut, ich gebe es zu: Als nach der ökumenischen Andacht zum Pädagogischen Tag der Blasius-Segen durch meinen katholischen Kollegen ausgeteilt wurde, wähnte ich mich als staunende Protestantin im „falschen Film“. Seitdem habe ich mich immer wieder vor die Aufgabe gestellt gesehen, meine eigene theologische Tradition zu bedenken und dann auch nach außen zu vertreten. Dies ist sicherlich das Herausfordernde daran, als evangelische Pfarrerin an einer katholischen Schule tätig zu sein. Gleichzeitig erlebe ich es als große Bereicherung, mit welcher Selbstverständlichkeit hier der christliche Glaube gelebt wird: „Raum der Stille“, „Tage religiöser Orientierung“, Schulgottesdienste – übrigens auch zum Reformationstag! – alles nicht nur kein Problem, sondern erwünscht!

Diese Prägung des Alltags durch Elemente des christlichen Glaubens  führt dazu, dass das Thema „Religion“ den wenigsten Schülerinnen und Schülern gleichgültig sein dürfte. Gerade im Religionsunterricht in den höheren Jahrgängen werden religiöse Themen darum intensiv diskutiert.

Sicher werden nach ihrer Schulzeit viele Schülerinnen und Schüler neben Latein und Physik zunächst auch die Auseinandersetzung mit Religion hinter sich lassen und froh darüber sein. Doch ich hoffe darauf, dass sie in der Schule doch eine Beheimatung im christlichen Glauben gefunden haben. Eine Beheimatung, die nicht einengt, sondern befreit. Wenn ich dazu einen kleinen Beitrag geleistet haben könnte, würde es mich freuen.

Zur beruflichen Heimat ist mir die katholische Schule – bei allem zeitweiligen Fremdeln – übrigens inzwischen auch geworden. Kardinal Lehmann hat einmal gesagt, Ökumene bedeute, „sich an der Stärke des Anderen zu freuen“. Recht hat er, finde ich.

Christina Jung, Schulpfarrerin an der Stiftskirche St. Johann in Amöneburg