Warum unterrichten Gemeindepfarrerinnen und -pfarrer in der Schule?

Ziel religiöser Bildung im Kontext von Schule ist die Förderung religiöser Sprach- und Toleranzfähigkeit von Kindern und Jugendlichen. In der Vielfalt möglicher Lebensdeutungen sollen sie lernen, sich zurechtzufinden und eine eigene Identität zu entwickeln. Dazu leisten auch ev. Gemeindepfarrerinnen und –pfarrer ihren Beitrag. Im Regelfall tun sie dies durch die Erteilung von 2-4 Wochenstunden Ev. Religionsunterricht. Aber auch darüber hinaus tragen sie mit außerunterrichtlichen Angeboten zur Entwicklung einer kommunikativen und religionssensiblen Schulkultur bei:

  • Viele Lehrkräfte wohnen nicht mehr in den Standorten ihrer Schule. Im Unterschied dazu haben Pfarrerinnen und Pfarrer „Residenzpflicht“. Sie leben vor Ort und sind daher gut vernetzt in die Dörfer oder Stadtteile, aus denen die Schüler stammen. Deren familiäres Umfeld ist ihnen oft wohl vertraut. Darüber hinaus können sie schnell Kontakt zu örtlichen Gesprächspartnern herstellen und kennen mögliche außerschulische Lernorte in ihrer Parochie.
  • Pfarrerinnen und Pfarrer sind nicht nur als Unterrichtende in der Schule, sondern auch als fachlich qualifizierte Seelsorger ansprechbar. Aufgrund ihrer unbedingten Schweigepflicht eröffnen sich für geschützte Gespräche mit Schülerinnen und Lehrern besondere Chancen. Ihre Erfahrungen in der Begleitung von Schülern sowie Mitgliedern des Kollegiums können Eingang in die schulinternen Krisenpläne finden.
  • Aus ihrem gemeindlichen Tätigkeitsfeld bringen Pfarrerinnen und Pfarrer ihre beruflichen Erfahrungen im Umgang mit Übergangs- und Grenzsituationen des Lebens in die Schule mit ein. Bei außergewöhnlichen Situationen – wie beispielsweise  bei lebensbedrohlichen Erkrankungen, Verkehrsunfällen oder dem Tod von  Schülern bzw. Lehrerinnen – können sie die Gespräche in der Schulgemeinde begleiten. Immer wieder nutzen Lehrkräfte in solchen Notlagen die professionelle Unterstützung der Gemeindepfarrerinnen und -pfarrer,  um lebensnah auf die individuellen Deutungs- und Bewältigungsfragen der Schülerinnen und Schüler reagieren zu können.
  • Pfarrerinnen und Pfarrer sind professionelle Experten in Sachen „Theologie, Kirchengeschichte und Religionen“. In Zeiten eines zunehmenden Fundamentalismus und religiös begründetem Extremismus können sie helfen, die „Geister zu scheiden“ und Schülerinnen bzw. Schülern und Lehrkräften ein realistisches Bild eines aufgeklärten Christentums zu vermitteln. Bei klassenübergreifender Unterrichtsplanung oder bei der Konzeption von Projekttagen oder -wochen werden sich die pädagogische Kompetenz der Lehrkräfte und die theologischen Fachkenntnisse der Pfarrerinnen und Pfarrer gut ergänzen.
  • Als authentische Vertreter des Christentums evangelischer Prägung ermöglichen Pfarrerinnen und Pfarrer in besonderem Maße den konfessionell gebundenen Schülerinnen und Schülern eine Identifikation mit oder Abgrenzung von der eigenen religiösen Herkunft. Sie bieten durch ihre erlebbare Präsenz in der Schule allen Schülerinnen und Schülern eine Orientierungshilfe im Umgang mit dem eigenen Leben und ermutigen zu einem Leben „coram deo“.
  • Die Gestaltung von Schulgottesdiensten und Andachten bietet für Gemeindepfarrerinnen und -pfarrer ein Betätigungsfeld, in das sie ihre Kompetenzen für die Gestaltung liturgischer Feiern einbringen können. Anlässe solcher Feiern können sich im Rhythmus des Schuljahres ergeben, sie können sich aber auch am Kirchenjahr orientieren. Auch besondere Situationen wie etwa ein Todesfall, der die Schulgemeinde betrifft, oder ein politisches Ereignis, das für das Leben in der Schule eine Rolle spielt, können zum Anlass gottesdienstlicher Feiern werden.
  • Schließlich können Gemeindepfarrerinnen und -Pfarrer  eine Brücke in Kirchengemeinden herstellen, die bereit und in der Lage sind, ein eigenes Nachmittagsangebot an Ganztagsschulen – ggf. im Zusammenhang des „Paktes für den Nachmittag“ – zu machen.